Distractions (Fortsezung zu "Decisions")
Apr. 23rd, 2010 03:10 pm![[personal profile]](https://www.dreamwidth.org/img/silk/identity/user.png)
Distractions
(Oneshot, lose verknüpft mit Decision, könnte man annehmen ^^)
"Naaaa~ooooo!" hallte es von der Tür her durch den Raum, ein langgezogener Laut, der sich mit seinem Verursacher graduell an den Angesprochenen annäherte. Der Rest von Alice Nine nutzte die Gelegenheit, ihren Bandleader schadenfroh bis mitleidig anzugrinsen und sich schleunigst aus dem Staub zu machen, ehe Miyavi sie vielleicht bemerken könnte. Ihnen war klar, dass Nao sich für diese Meuterei auf die ein oder andere Weise rächen würde, aber diese Gelegenheit seiner Planungswut zu entkommen war einfach zu günstig.
Der dunkelhaarige Drummer konnte ein leichtes Zusammenzucken nicht vermeiden, als der Größere ihn schwungvoll umarmte und seinen Kopf an der Schulter des Kleineren verbarg. Hilflos tätschelte er die mittlerweile wieder dunklen Haare des anderen und seufzte innerlich, da er sich auf einen langen Abend einstellte. Aber es war ein firmeninternes Gesetz, sich mit Miyavis Eigentheiten abzufinden, weil er sonst beim Management dafür sorgen konnte, dass einer Band die sprichwörtliche Hölle heiß gemacht wurde. Nicht, dass er für so etwas nicht eigentlich viel zu gutmütig wäre. Das betonte er immer wieder gerne , wenn er diesen Trumpf ausspielte, und sei es auch noch so versteckt und jammervoll verpackt.
Trotzdem mochten die meisten von ihnen Miyavi und jede Band hatte schon auf die ein oder andere Weise von seinen Erfahrungen profitieren können. Und wenn es nur kreative Wege waren, das eigene Management in den Wahnsinn zu treiben.
Mental auf alles vorbereitet, stellte Nao die Frage, die den restlichen Verlauf seines eigentlich freien Abends besiegeln würde: "Was ist denn los?"
Gespielt schniefend, aber trotzdem verletzt wirkend sah Miyavi mit großen Augen zu ihm auf.
"Kai war gemein zu mir", jammerte er leise. "Er mag mich nicht mehr."
~ ~ ~
Kai war wütend, das konnte Nao bereits von der Tür aus feststellen. Die Vehemenz, mit der Gazettes Schlagzeuger sein Instrument malträtierte, sprach nicht mehr von Rhythmustraining, sondern von reiner Aggression. Doch selbst diese unterlag noch gewisser Kontolle, denn Nao konnte ganz klar Muster und Läufe erkennen, die anderen mit diesem Instrument nicht Vertrauten wohl verborgen geblieben wären. Warum hatte Nao sich also dazu überreden lassen, dem wütenden Drummer gegenüber zu treten? Achja, damit Miyavi ihm nicht den ganzen Abend die Ohren volljammerte. Also beobachtete Miyavi von der Tür aus, ob Kai auch Nao anschreien würde. Immerhin, dachte Nao, konnte Miyavi ihm zur Hilfe kommen, falls Kai wirklich unzurechnungsfähig werden würde.
Da Kai auf Naos Rufe nicht reagierte, ihn entweder nicht hörte oder bewusst ignorierte, blieb dem anderen Drummer nichts anderes übrig, als näher zu Kai heranzutreten. Dunkle Augen folgten seinen Bewegungen, trotzdem machte der andere keine Anstalten, in seinem wütenden Spiel innezuhalten. Als Nao ihm eine Hand auf die Schulter legte, schüttelte Kai sie einfach ab. Zwar hatte Nao keine Lust auf eine körperliche Auseinandersetzung, aber er hatte Miyavi versprochen, den Grund für Kais abweisendes Verhalten herauszufinden. Und dass der sonst so höfliche und korrekte Kai nicht auf Nao einging, ihn kaum zur Kenntnis nahm, machte diesem Sorgen. Mehr noch als die Tatsache, dass der sonst so nette und fürsorgliche Kai dm armen Miyavi scheinbar gehörig die Meinung gesagt hatte im Bezug auf sein manchmal doch eher störendes Verhalten.
Also schlang er kurzerhand die Arme um Kais Oberkörper und zog ihn nach hinten vom Hocker. Kai hatte mit diesem Angriff nicht gerechnet und landete ziemlich unsanft auf dem Hintern, und seine Überraschung war wohl auch das einzige, was Nao vor dem eher schlecht gezielten Hieb gegen sein Bein rettete. So untypisch das aggressive Verhalten für Kai auch war, wunderte es Nao doch noch stärker, dass der andere nicht nachsetzte und wieder auf ihn einschlug, oder sich einfach nur vom Boden erhob und ihn anschrie, oder ihn sonst irgendwie zur Kenntnis nahm. Als Kai statt dessen mit einem frustrierten Zischen seine Drumsticks fallen ließ, die Knie anzog und mit den Armen unschlang und den Kopf darauf bettete, siegten Sorge und Mitgefühl in Nao über die Angst, dass Kai ihn schlagen oder beißen könnte. Er kniete sich neben den anderen, um ihm zögerlich eine Hand auf die Schulter zu legen. Diesmal schüttelte Kai die Hand nicht ab.
Nao seufzte. "Ich nehme also an, Miyavi war nur zur falschen Zeit am falschen Ort und du hattest nicht vor, ihn speziell nieder zu machen?"
Kai schüttelte den Kopf und Nao glaubte, ein genuscheltes 'tut mir leid' zu vernehmen.
Da Kai nicht bissig zu sein schien, legte Nao vorsichtig auch seine zweite Hand auf seine Schultern und strich beruhigend über die angespannten Muskeln. Als Miyavi mitbekommen hatte, dass von Kai scheinbar keine weitere Gefahr ausging, traute auch er sich wieder in den Raum und ließ sich vor Kai nieder. Vorsichtig zog er Kais Kopf an den Haaren hoch, so dass dieser ihn ansehen musste.
"Willst du uns dann erklären, was los ist? Oder soll ich weiterhin denken, dass du mich gar nicht mehr lieb hast?"
Kais grimmiger Gesichtsausdruck wich einem zögerlichen Grinsen, da Miyavi dabei ein übertrieben niedliches Schmollen aufsetzte. Er boxte Miyavi spielerisch gegen die Schulter.
"Tut mir leid wegen vorhin."
Miyavi nickte gnädig.
"... aber manchmal kannst du eine echte Plage sein", grummelte Kai grinsend in seinen nicht vorhandenen Bart.
Empört schlug Miyavi ihm leicht auf den Hinterkopf, um den anderen dann in eine stürmische Umarmung zu ziehen, froh, dass Kai nicht wirklich auf ihn böse war.
"Dann erzähl mal Onkel Miyavi und Onkel Nao, wer böse zu dir war."
Kai schüttelte Miyavis Umarmung vorsichtig ab und setzte sich auf, sein Grinsen jetzt deutlich zynisch. "Tut mir leid, aber meine Mama hat immer gesagt, ich soll keinem 'Onkel' private Sachen erzählen."
Nao zuckte ein wenig zurück vor dem bösen Lächeln, das sich daraufhin auf Miyavis Zügen ausbreitete.
"Komm schon, Kai. Ich hab gerade nichts anderes zu tun, als dich auszuhorchen."
Übersetzt: Ich habe Zeit und bin neugierig und werde dich so lange nerven, bis du mir alles erzählt hast, was ich wissen wollte. Und noch ein wenig mehr.
Kai wandte sich hilfesuchend zu Nao, der nur mit den Schultern zuckte. Miyavi war so etwas wie die graue Eminenz der PSC, und Nao würde sich sicher nicht gegen ihn stellen. Vor allem nicht, wenn auch er neugierig war, was Kai so aufgebracht hatte, aber das musste der andere Drummer ja nicht wissen.
Zumal Miyavi noch einen Überraschungsschlag parat hatte: "Es hat etwas mit Ruki zu tun, oder?"
Naos verblüffter Blick wanderte zwischen einem überheblich dreinblickenden Miyavi und einem ihn ertappt und verblüfft anstarrenden Kai hin und her.
Miyavi ließ Kai gar nicht fragen, was er meinte, sondern gab erfreut mit seinen Kenntnissen an.
"Weißt du, ich vögele ab und zu mit der Technikerin, die die Bänder der Überwachungskameras auswertet... hübsches Ding übrigens."
Kai wurde bleich.
"... und die hat mal erwähnt, dass ihr beide, Ruki und du, in den letzten Monaten auffällig oft zusammen Überstunden geschoben habt."
Nao fragte sich, was an dieser Information Kai dazu bringen mochte, jetzt rot anzulaufen und den Blick zu senken.
"Jedenfalls werden ja nur Flure und öffentlich zugängliche Räume überwacht..."
Kai atmete leise, aber hörbar aus und nahm wieder eine normalere Gesichtsfarbe an. Da aber holte Miyavi zum vernichtenden Schlag aus.
"...ihr fiel aber auf, dass ihr beiden, also Ruki und du, immer mal wieder zusammen in irgendwelchen Räumen verschwunden seid, in denen ihr eigentlich nichts zu suchen hättet, um diese Zeiten..."
Nao brauchte tatsächlich ein paar Sekunden, um diese Informationen auszuwerten. "Aber Kai!" mokierte er sich lachend. Woraufhin Kai wiederum eine ziemlich gesunde Gesichtsfarbe entwickelte.
Nachdem sie sich noch ein wenig freundschaftlich über Kai lustig gemacht und dieser erst ein wenig geleugnet und dann demonstrativ geschmollt hatte, gab er doch nach. Irgendwie war Kai froh, über die ganze Situation reden zu können. Auch wenn er Miyavi und Nao eindringlich klar machte, dass nichts davon diesen Raum verlassen durfte. Und Miyavi einen schmerzhaften Schlag auf den Oberarm verpasst hatte, als dieser grinsend meinte, er werde dann also nur in diesem Raum darüber erzählen.
Aber dann hatte Kai angefangen zu erzählen. Darüber, wie Ruki und er eher spielerisch angefangen, hin und wieder miteinander zu schlafen (hier blieb die von ihm erwartete schockierte Reaktion seiner Kollegen aus. Er wollte gar nicht näher über dieses Grinsen nachdenken, das sie einander da über seinen gesenkten Kopf zuwarfen). Wie Ruki es geschafft hatte, Kai wieder und wieder dazu zu bringen, sich auf ihn einzulassen. Wie Kai nach und nach auch selbst solche Treffen initiiert hatte. Wie da für Kai plötzlich mehr gewesen war, eine Art Abhängigkeit, in der er über das Wort 'Liebe' nicht nachdenken wollte, es lieber mit 'Freundschaft' überlagerte. Wie er mit Ruki darüber hatte reden wollen und sie zugunsten besagter Freundschaft zuerst jeglichen Kontakt dieser Art komplett unterbunden hatten. Ehe Ruki wieder auf Kai zugekommen war, selbst auf seine Art süchtig nach ihren kurzen Zusammenkünften. Es war nie 'mehr' gewesen, hätte nie mehr sein sollen, aber irgendwann hatte Kai die Leere füllen wollen, die ihre Treffen in ihm hinterließen und Ruki gebeten, eine Beziehung mit ihm einzugehen. Nicht öffentlich, das wollte er selbst als Visual-kei-Musiker nicht riskieren. Aber Ruki hatte vorsichtig abgelehnt, und Kai hatte verstanden, dass Ruki seine Gefühle so nicht erwiderte.
Was nicht hieß, dass die Zurückweisung ihn nicht trotzdem verletzt hatte. Und er hatte niemandem gegenüber diese Verletztheit zugeben wollen, wollte weder Ruki noch sich selbst vor seiner Band, ihren Freunden, 'outen' (hier hatte Miyavi kurz aufgelacht, war aber nicht näher auf Kais fragende Augen eingegangen). Kai hatte gedacht, mit der Zeit würde er darüber hinwegkommen, aber diese Leere war geblieben, hatte ihn hilflos gemacht, und darauf hatte er nicht anders reagieren können als wütend. Und an Ruki, der ja eigentlich nur ehrlich gewesen war, konnte er diese Wut wohl schlecht auslassen (Miyavi hatte nachdenklich dreingeschaut, Nao aber nur den Kopf geschüttelt. Was war los mit diesen beiden?).
Kai hob den Kopf und sah erst Miyavi, dann Nao fragend an und konnte irgendwie das Gefühl nicht abschütteln, die beiden würden sich irgendwie ohne Worte verständigen. Und da er kein Teil dieser Kommunikation war, traf es ihn überraschend, als Miyavi sich erhob und ihn einfach mit sich noch oben zog und umarmte (und dabei sein Kopf so an Miyavis Brust, dass er weder dessen noch Naos Gesicht sehen konnte und sich jetzt sicher war, dass die beiden irgendwelche geheimen Botschaften austauschten). Er verwarf diesen paranoiden Gedanken aber wieder, als Miyavi seine Umklammerung soweit löste, dass Kai zumindest wieder ein wenig Bewegungsfreiheit hatte. Die er nutzte, um misstrauisch zu Nao zu sehen, der seinem Blick aber nur mit unschuldig besorgten Augen begegnete. Und gerade, als Kai das Schweigen unangenehm wurde, fand er sich plötzlich in Bewegung in Richtung der Tür, als Miyavi ihn einfach am Handgelenk packte und mit sich zog.
"Ähm, Miyavi...?" Kai stemmte sich ein wenig gegen die Bewegung, war aber hilflos dem größeren und entschlosseneren Musiker gegenüber. Ein fragender Blick zu Nao zeigte ihm ein nachsichtiges Lächeln.
"Komm schon, Kai, du glaubst doch wohl nicht, dass wir dich in deinem emotional labilen Zustand allein lassen."
Kai ignorierte Miyavi und sah Nao jetzt ein wenig panisch an. Dieser zuckte nur mit den Schultern, versuchte dann aber doch, Miyavi zu stoppen.
"Was hast du jetzt vor und wie lange wird es dauern? Vielleicht haben manche von uns auch noch etwas anderes zu tun", warf er leise ein.
"Ach Nao, du bist aber auch unsensibel. Kai-chan braucht doch jetzt Beistand. Na, dann entführ ich ihn eben allein", erklärte Miyavi überzeugt. 'Kai-chan' tauschte daraufhin einen verblüfften Blick mit Nao.
Nao grinste nur schief, zog Kai ein Stück zu sich zurück, um ihn noch einmal freundschaftlich zu umarmen und ihm vielleicht etwas schadenfroh zuzuraunen: "Da musst du jetzt durch. Er meint es schließlich gut. Und dir tut die Ablenkung vielleicht auch ganz gut."
"Naaa~oooo, hilf mir", quengelte Kai, während Miyavi ihn weiter hinter sich herzog.
Aber Nao hegte nur den leicht egoistischen Gedanken, dass sein freier Abend jetzt gerettet war. Und er Miyavi sei dank vielleicht sogar Ideen für eine Beschäftigung gefunden hatte.
"Miyavi, jetzt lass mich doch mal los. Ich hab doch auch meine Sachen noch im Probenraum..." Kai hatte ein wenig Mühe mit dem langbeinigen Miyavi Schritt zu halten. Dementsprechend in Schwung war er und dementsprechend heftig prallte er gegen Miyavi, als dieser völlig unerwartet wirklich stehen blieb.
"So stürmisch heute?" grinste er, ohne Kai jedoch loszulassen. Kai wusste nicht einmal, warum er plötzlich rot wurde.
"Was brauchst du denn so dringend von deinen Sachen? Du hast doch mich. Autofahren würde ich dich in diesem Zustand sowieso nicht mehr lassen."
Zustand? Kai kam sich langsam so vor, als hielte Miyavi ihn für betrunken.
"Meine Appartmentschlüssel?" hielt er schüchtern dagegen.
"Aber Kai", schalt Miyavi ihn sanft, während er sich wieder in Bewegung setzte und Kais leichter Gegenwehr keine besondere Beachtung schenkte, "glaubst du denn wirklich, ich lass dich heute allein nach Hause? Du brauchst jetzt Ablenkung, damit du nicht in deinem Jammer versumpfst."
Eigentlich war Kai davon ausgegangen, sich den Umständen entsprechend gut gehalten zu haben. Aber Miyavis überzeugter Tonfall ließ ungewollt das Bild seines leeren Appartments in ihm aufsteigen, in dem er wahlweise in sinnloser Agression Möbel zerlegen könnte (was aber sicherlich von den Nachbarn nicht ganz unbemerkt bleiben dürfte) oder wie von Miyavi ausgemalt melancholisch vor dem Fernseher hockte. Diese Bilder waren so wenig ansprechend, dass er sich nicht mehr leicht gegen Miyavis Griff lehnte, sondern sich widerspruchslos mitschleifen ließ. Tief in Gedanken versunken entging ihm auch Miyavis siegessicheres Grinsen.
Und Nao hatte Recht behalten, denn tatsächlich tat Kai die Gesellschaft des quirligen Solisten gut. Anstatt sich Essen liefern zu lassen, hatten sie gemeinsam gekocht und es sich dann mit ein paar Flaschen Bier auf dem Sofa gemütlich gemacht. Und Kai hatte es genossen, endlich offen mit jemandem über seine Situation reden zu können. Miyavi hatte ihn nicht gedrängt, hatte ihm nur tröstend einen Arm um die Schultern gelegt und hörte ihm aufmerksam zu, auch wenn Kai das Gefühl hatte, vieles von dem zu wiederholen, was er Miyavi und Nao bereits erzählt hatte. Trotzdem konnte er zwischendurch unbedarft mit Miyavi scherzen, und auch das tat ihm gut, denn seiner eigenen Band gegenüber hatte er sich in letzter Zeit zu sehr verschlossen.
Deswegen hielt er es für einen weiteren scherzhaften Kommentar, als Miyavi ihm über die Wange strich und fragte, ob er Kais momentanen emitionalen Aufruhr für sich ausnützen dürfte. Sie waren nicht betrunken, eigentlich kaum angetrunken, und Kai wünschte sich plötzlich ein wenig mehr Alkohol in seinem Blutkreislauf. Etwas, das ihm Mut geben würde zu sagen, nutz mich aus, ich mag es. Ich mag dich.
Stattdessen sagte er nur: "Es tut mir leid, dass ich dich vorhin angeschrien habe."
Miyavi war kurz ein wenig verwirrt über Kais Gedankensprung, aber er wäre nicht Miyavi, wenn er sich nicht schnell auf neue Situationen einstellen könnte.
"Hm, ich hätte da ein paar Ideen, wie du es wieder gut machen könntest..."
So offensichtlich, fast schon klischeehaft. Trotzdem freute es Kai, diese Worte zu hören. Beziehungsweise freute ihn eher Miyavis Tonfall. Sogar sein Puls begann vor laute Freude sich ein wenig zu beschleunigen.
"Ach ja? Zum Beispiel?" Kai erschrak ein wenig darüber, wie heiser seine eigene Stimme plötzlich klang.
Miyavis Grinsen war verspielt, hatte aber eindeutig einen etwas hinterhältigen Unterton.
"Weißt du... du hast mir da schon einen gehörigen Schrecken eingejagt vorhin." Er rückte ein Stück von Kai ab, um ihn vorwurfsvoll anzusehen. Klappte leider nur halb, weil er das Grinsen nicht gänzlich von seinem Gesicht zaubern konnte.
"Als du gesagt hast, dass du mich gar nicht leiden kannst..."
Kai beantwortete die unterliegende Frage sehr zu Miyavis Zufriedenheit, indem er noch etwas röter anlief und den Kopf senkte.
"Du weißt genau, dass ich das nicht so meinte."
"Ah, dann hast du mich also angelogen? Nur um mich zu verletzen?" Böse grinsend ließ Miyavi die Falle zuschnappen.
Zu Miyavis Überraschung sah Kai nur kurz verblüfft aus, ehe sich ein wissendes Lächeln auf seinen Zügen ausbreitete und er auf Miyavis Spiel einging.
"Hm, ich kann mir jetzt also aussuchen, ob ich dich unbewusst beleidigt habe und das 'wieder gut machen möchte', oder ob ich dich wissentlich belogen und verletzt habe, um dafür bestraft zu werden, ja?" Warum fiel ihm das so leicht? Hatte ihn die Zeit mit Ruki so sehr verdorben?
Miyavi verzog kurz enttäuscht das Gesicht, weil Kai ihn so schnell durchschaut hatte. Andererseits war er froh, den anderen nicht erst lange überreden zu müssen. Er lehnte sich näher zu Kai, als wolle er ihn küssen und stellte erfreut fest, dass dieser nicht zurückwich. Anstatt aber den Abstand zwischen ihnen komplett zu schließen,, wisperte Miyavi eine Frage gegen Kais Lippen.
"Und wofür würdest du dich entscheiden, wenn es so wäre?"
Und da war sie wieder, diese Röte auf Kais Gesicht, die es Miyavi gerade etwas erschwerte, weiterhin mit Kai zu spielen und nicht einfach (natürlich ebenfalls verspielt) über ihn herzufallen. Scheinbar spiegelte sich diese Überlegung auf seinem Gesicht wieder, denn Kai wich nun doch ein wenig zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Hätte alles seine Vorteile. Und hab ich eigentlich ein Schild auf der Stirn, auf dem 'Bitte fall über mich her' steht?"
Kai quietschte erschrocken auf, als er sich plötzlich mit dem Rücken auf der Couch in einer halbliegenden Position wiederfand. Miyavi grinste nur, weil er keine Gegenwehr leistete und strich ihm suchend die Haare aus der Stirn.
"Also, ich seh nichts." Lachend ließ er von Kai ab, als dieser seine Hand zur Seite schlug. "Aber du hast schon so eine gewisse... sagen wir, devote Ausstrahlung." Miyavi untermalte seine Worte, indem er besitzergreifend seine Lippen auf Kais Mund presste und ihn plündernd küsste. Und wie um seine Worte zu bestätigen, wehrte Kai sich nicht gegen ihn, sondern erwiderte den Kuss zuerst vorsichtig, um Miyavi kurz darauf mindestens genauso stürmisch entgegen zu kommen.
Miyavi war es, der den Kuss löste und auf Kai hinabgrinste. "Keine weiteren Fragen, Euer Ehren."
"Muss ich wohl an meiner dominanten Aura arbeiten", grollte Kai ein wenig atemlos.
"Also, wegen mir nicht", grinste Miyavi, während er aufstand und Kai mit sich nach oben zog. "Und in Bandangelegenheiten sollst du doch sehr 'dominant' sein. Zumindest beschwert Aoi sich immer darüber."
"Wenigstens einer, der noch Respekt vor mir hat...", murrte Kai, während Miyavi ihn vor sich herschob, in Richtung Schlafzimmer, wie Kai bald bemerkte.
Mit einem resignierten Seufzer ließ Kai sich rückwärts aufs Bett fallen und bemerkte nicht, wie Miyavi verblüfft kurz ins Leere griff, weil er ihn für einen Kuss zu sich hatte heranziehen wollen. Nur schwer widerstand Miyavi der Versuchung, sich einfach auf ihn zu werfen. Statt dessen ließ er sich neben ihm nieder und fing an, zärtlich an Kais Hals zu knabbern.
"Wenn dich das wirklich so stört, red mal mit Nao darüber."
Verwirrt sah Kai zu ihm, vergaß den Gedanken aber gleich darauf wieder, als Miyavis Zähne ihn spielereisch in den Hals zwickten, was ihn dazu brachte, den Rücken verlangend zu wölben. Dabei bemerkte er, dass der andere plötzlich halb auf ihm und zwischen seinen Beinen lag. Wann war das denn nun schon wieder passiert?
"Du hast mir immer noch nicht gesagt, wofür du dich nun entschieden hast", raunte Miyavi gegen seinen Hals.
Entschieden? Kais einzige Entscheidung momentan bestand darin, den Kopf zur Seite zur drehen und Miyavi in stummer Aufforderung mehr von seinem Hals zu präsentieren. Dieser kam der Einladung jedoch nicht sofort nach ergriff lieber wieder Besitz von Kais Lippen, umspielte dessen Zunge mit der seinen und ließ seine Hände über Kais Oberkörper wandern. Gierig sog er Kais genießerische Laute auf, als er seinen Unterleib kurz gegen den des anderen bewegte.
Beide atmeten heftig und Kai stieß einen enttäuschten Laut aus, als Miyavi sich von ihm löste und auf ihn herabgrinste. Schnell drückte er Kai noch einen Kuss auf die Lippen, ehe er mit einem Mal aufstand. Kai starrte ihn so perplex an, dass Miyavi lachen musste.
"Ausziehen", erklärte und befahl er knapp, während er schon dabei war, seine eigene Anweisung umzusetzen.
Kai regte sich erst, als Miyavis Shirt unzeremoniell zu Boden segelte, kurz darauf gefolgt von dessen Jeans. Ganz mit Starren beschäftigt zog Kai sich umständlich auf die Knie hoch und Miyavi nutzte seinen Vorsprung aus, um Kai zur Hand zu gehen. Dass dabei seine Hände immer wieder über die erhitzte Haut des kleineren Mannes strichen, machte es diesem nicht gerade leichter, die plötzlich viel zu anhängliche Kleidung loszuwerden. Mit vereinten Kräften hatten sie es aber doch bald geschafft und Miyavi ließ bewundernd den Blick über Kais vor ihm ausgestreckten Körper wandern.
Es ärgerte Kai fast schon ein wenig, dass er sich unter Miyavis hungrigem Blick eigentlich nur auf den Rücken werfen und dem anderen Mann darbieten wollte. Aber Moment, tat er das nicht sowieso schon? Ruckartig setzte er sich auf und streckte die Hände nach Miyavi aus, um diesen an sich, auf sich zu ziehen. Zu seiner Überraschung gab Miyavi aber nicht so schnell nach, sondern hielt seine Handgelenke fest, ehe er den anderen Mann berühren konnte. Nur um Kais Hände neben dessen Kopf ins Kissen zu drücken, ehe er sich an ihn schmiegte. Für einen Moment ließ Kai sich mitreißen von dem Gefühl von Haut auf Haut, Miyavis Lippen auf den seinen, seiner Zunge in seinem Mund. Eigentlich hatte er gerade geplant, sich mit Miyavi herum zu werfen und den Körper des anderen mit seinen Händen und Lippen, Zunge und Zähnen zu erforschen, jede seiner Tätowierungen zu streicheln, zu liebkosen... aber irgendwie ließ Miyavi ihm dazu keine Gelegenheit, als er seine Lippen über Kais Hals und sein Schlüsselbein zur Brust wandern ließ, um eine seiner Brustwarzen mit Zunge zu umspielen. Wenn es sich nicht so gut angefühlt hätte, Kai hätte den Umstand verflucht, so empfindlich auf diese Art von Berührung zu reagieren, denn beinahe automatisch schlossen sich seine Augen und sein Kopf kippte in den Nacken.
Miyavi hatte sehr wohl bemerkt, wie Kai sich kurz angespannt hatte, wahrscheinlich, um ihre Positionen zu vertauschen. Aber auch, wenn er dem anderen gedroht hatte, ihn für seine verletzenden Worte entweder zu bestrafen oder für Vergebung arbeiten zu lassen, war ihm momentan eher danach, Kai nach allen Regeln der Kunst ins Nirvana zu vögeln. Sein Grundgedanke war ja eigentlich auch gewesen, Kais Gedanken von Ruki abzulenken. Und das schien ihm momentan mehr als nur gut zu gelingen. Er ließ Kais Handgelenke los, was dieser sofort ausnutzte, um beide Arme um Miyavi zu schlingen und ihre Körper noch fester aneinander zu pressen. Das erschwerte Miyavis Vorhaben erheblich, unter dem Kopfkissen ein Kondom und eine kleine Tube mit Gleitgel heraus zu ziehen. Beruhigend drückte er Kai einen Kuss auf die Stirn, ehe er sich von ihm löste und fragend das Kondom vor seinem Gesicht herumwedelte. Er musste Kais Nicken nicht sehen, denn die Art, wie der Jüngere devot die Beine spreizte und auffordernd seinen Unterleib gegen Miyavi presste, ließ diesen die Zähne in die Unterlippe graben.
Kai war sich sicher, dass er sich eines Tages noch das Genick verrenken würde, wenn er es sich nicht abgewöhnen konnte, den Kopf so in den Nacken zu werfen, aber Miyavis konzentrierter Gesichtsausdruck und das Gefühl langer schlanker Finger, die langsam in ihn eindrangen, ließen ihm keine andere Wahl. Aber der leichte Dehnungsschmerz, auf den er wartete, blieb aus, denn Miyavi spreizte seine Finger nicht, sondern verharrte still. Als Kai seine Atmung wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte, sah er den anderen fragend an, nickte ihm auffordernd zu. Das amüsierte Glitzern in Miyavis Augen verhieß nichts Gutes, das stellte Kai fest, als die geschickten Finger sich leicht krümmten und über die leichte Erhebung des Nervenbündels in seinem Inneren strichen. In diesem Moment verlor Kai jegliche Kontrolle über seinen Körper und bäumte sich mit einem Aufschrei auf. Miyavi schlang seinen freien Arm um ihn und drückte ihn mit seinem Oberkörper wieder nach unten, um Kai in einen verlangenden Kuss zu verwickeln. Und wieder über seine Prostata zu streifen, wobei er Kais Aufstöhnen diesmal mit seinen Lippen dämpfte.
Kai hätte schwören können, Miyavis sadistisches Grinsen an seinen Lippen zu spüren, als der Größere seine Finger wieder leicht krümmte und Kai dazu brachte, sich ihm entgegen zu bäumen. Wieder und wieder. Längst war Kai nicht mehr in der Lage, den Kuss zu erwidern, er krallte sich nur hilflos in Miyavis Schultern und hatte entfernt Angst, dessen Arm zu brechen, auf dem er lag, während Miyavi fortfuhr, ihn zu reizen.
Kai wünschte, Miyavi würde entweder damit aufhören oder ihn stärker reizen, denn jetzt ließen Miyavis geschickte Finger zwar Welle um Welle der Erregung schon beinahe schmerzhaft durch ihn fluten, aber die Stimulation war quälend, nicht ausreichend, um ihn über die Klippe zu treiben. War das die Strafe, von der Miyavi vorhin gesprochen hatte? Kai wollte sein Becken gegen Miyavi drücken, sich durch die Reibung wenigstens ein wenig Erleichterung verschaffen, aber der andere lächelte nur mitleidig und brachte seinen Unterleib außer Reichweite.
Erst als Kai sich vorkam wie eine wimmernde, sich windende und bettelnde Masse von Lust, als er seinen Kopf in die Kissen drückte und die Augen fest zusammenpresste, während seine Beine sich schon fast ohne sein Zutun unanständig weit spreizten, erbarmte Miyavi sich.
Er zog seine Finger zurück, nur um kurz darauf mit dreien wieder in Kai zu stoßen, gezielt Druck auf diesen süßen Punkt auszübend, bis Kai heiser aufschrie, sich aufbäumte und beinahe ohnmächtig unter den Wellen des folgenden Orgasmus zurücksank.
Miyavi gönnte Kai einige Zeit, um wieder zu sich zu kommen, strich beruhigend über die verschwitzte Haut, bedeckte die sich heftig hebende und senkende Brust mit zarten Küssen.
"Entspannt?" fragte er scheinheilig. Kai war nicht zu erschöpft, um ihm einen halb bösen, halb bewundernden Blick zuzuwerfen. Der schnell fragend wurde, als Miyavi das Kondom über seine bisher sträflich vernachlässigte Erektion streifte.
Kai fühlte sich eigentlich noch zu empfindlich von seinem Höhepunkt, zu ausgelaugt, trotzdem war das Gefühl überwältigend, als Miyavi mit einer fließenden Bewegung in ihn eindrang. Kai hatte das Gefühl, jegliche Empfindungen mit einem Mal wesentlich klarer wahrzunehmen als jemals zuvor. Miyavis anfänglich vorsichtige Bewegungen wurden schnell härter, fordernder, und Kai tat nichts lieber, als jedem Stoß des anderen so gut wie möglich zu begegnen. Er fühlte sich so schwer und trotzdem so unglaublich leicht, wie trunken und gleichzeitig müde und doch wacher als jemals zuvor, wenn auch mit veränderter Wahrnehmung. Seine Welt war jetzt auf Miyavi beschränkt, auf das Gefühl wie er sich in ihm bewegte, die Arme um ihn schlang.
Gerade als Kai dachte, wieder auf einen Orgasmus zuzusteuern, verwirrte Miyavi ihn, indem er plötzlich innehielt und auffordernd an Kai herumzerrte. Es dauerte einen Moment, ehe Kai verstanden hatte, was der andere wollte und sich umdrehte, sich auf Händen und Knien auslieferte und bald unter Miyavis Ansturm auf die Unterarme niedersank und das Gesicht in den Kissen vergrub, wärend der andere ihn umbarmherzig auf den zweiten Höhepunkt in viel zu kurzer Zeit zutrieb.
Erst als Kai sich hilflos um ihn verkrampfte, ließ auch Miyavi sich gehen und brach auf Kais Rücken zusammen, was diesen gänzlich in die Kissen drückte. Miyavi rollte sich zur Seite, und als Kai keine Anstalten machte, selbständig das Gesicht aus den Kissen zu heben, drehte er auch ihn ein Stück. Schwer atmend lagen sie nebeneinander, bis Miyavi genug Kraft gesammelt hatte, um sich von dem gebrauchten Kondom zu befreien, ins Bad zu wanken und ein wenig zu säubern, um sich dann mit einem feuchten Lappen bewaffnet wieder auf den Weg zu Kai zu machen.
Sehr zu Miyavis Missfallen lag Kai aber nicht mehr dort, wo er ihn gelassen hatte, sondern war dabei, leicht schwankend seine Sachen einzusammeln.
"Und was wird das, wenn ich fragen darf?"
Erschrocken drehte Kai sich um, eine zu schnelle Bewegung für seinen überlasteten Kreislauf. Vorsichtig sank er seitlich wieder aufs Bett, die Augen geschlossen, und plötzlich waren Miyavis Arme wieder um ihn geschlungen, spürte er ein wenig peinlich berührt, wie der andere ihn fürsorglich von den gröbsten Spuren ihrer Aktivitäten befreite. Um ihm dann einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken, der Kai beinahe schmelzen ließ.
"Glaubst du wirklich, ich würde dich nur kurz durchvögeln und dann wieder rauswerfen?!"
Kai öffnete ein wenig ängstlich die Augen, denn Miyavi klang ärgerlich.
"Macht der Gewohnheit?" bot er leise als Ausrede an.
Miyavi umschlang ihn mit Armen und Beinen, dass er sich nicht mehr rühren konnte. Geschweige denn, aufstehen, sich anziehen und flüchten.
"Dann muss ich dir wohl was neues angewöhnen", nuschelte Miyavi schläfrig. Und grinste dann dreckig. "Ich werd dir generell ein paar neue Sachen beibringen."
Lachend lagen sie so verschlungen da, ehe die Erschöpfung langsam Tribut forderte und Miyavi wegdämmerte.
Und irgendwie war da ein warmes Gefühl in Kai, als er sich Miyavis Umklammerung ergab und ebenfalls einschlief . Zum ersten Mal seit langem nach dem Sex neben jemandem einschlief, um am nächsten Morgen wieder neben ihm aufzuwachen.